Montag, 31. März 2014

Glückliche Familie Nr. 209: Eigenliebe der würdevollen Art


Als Prinzessin (13) am Wochenende zur Konfirmanden-Freizeit aufbrach, trug sie ein Shirt mit dieser Aufschrift.




Ich musste grinsen und war gespannt, ob der Pfarrer sie auf dieses Motto ansprechen würde.

Ich habe kein Problem damit. Im Gegenteil: nur jemand, der sich selber lieben kann, kann auch andere aufrichtig lieben. Wenn bei einem selber der Speicher leer ist, ist da nichts mit Überfließen, sich Verströmen, Überschwappen. Wenn man sozial handelt, weil andere, die Gesellschaft, die Kirche oder wer auch immer das von einem erwartet, überklebt man die innere Leere mit einem warm-bunten Etikett. Man holt sich die Anerkennung anderer, um einen Mangel bei sich selber auszugleichen. Und obwohl man vordergründig etwas für andere tut, benutzt man sie letztlich, um sich selbst besser zu fühlen.

Also ist "Love yourself first" doch ein gutes Motto für ein anderes Leben, oder?

Tom Hodgkinson empfiehlt vor allen Müttern eine gesunde Selbstliebe:

"Die beste Eigenschaft, die eine Mutter ihren Kindern bieten kann, ist ihr eigenes Glück, ihre Zufriedenheit, ihr Wohlbefinden ... Und damit meine ich nicht, dass sie eitel und selbstsüchtig nur auf ihr eigenes Vergnügen ausgerichtet sein soll. Ich meine das, was Rousseau amour-propre nennt, Eigenliebe von der würdevollen Art, und nicht amour de soi-même, also Eigensucht." (Tom Hodgkinson: Leitfaden für faule Eltern, Reinbek bei Hamburg 2011, Seite 55)

"Eigenliebe von der würdevollen Art" - das gefällt mir und das geht mir zuweilen flöten. Und weil ich weiß, dass das auch schlecht ist für meine Beziehung zu meinem Mann und für meine Kinder (da kriegt mich der Altruismus dann wieder) werde ich aktiv im Sinne von "Love yourself first".

Man kann nämlich etwas tun. Es ist kein "man hat es oder man hat es nicht" und dann resignatives Schulterzucken und ausgiebiges Jammern.

Was zum Beispiel hilft, ist, so zu tun als ob. Also so zu tun, als ob man von einer tiefen Liebe zu sich selbst erfüllt sei. Das Interessante ist, dass bei dem "So-zu-tun-als-ob" der erwünschte Zustand hinterher stolpert und sich nach und nach tatsächlich einstellt.

Beispiele:

Ich habe eigentlich keine Lust, mich nach dem Duschen mit Bodylotion einzucremen, tue es aber trotzdem, genieße den Duft, fühle mich schöner, Selbstliebe-Pegel steigt.

In unserer Straße sehe ich die alte Dame wieder, die am Rollator spazieren geht. Immer wenn ich sie sehe, ist sie dezent geschminkt und trägt einen aparten Hut. Wir können davon ausgehen, dass sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch rollert. Sie macht es für sich. Als Ausdruck ihrer Würde.
Am anderen Morgen kommt mir diese alte Dame in den Sinn. Statt in die Ach-so-bequem-Jeans zu schlüpfen, wähle ich den Blumenrock, bekomme plötzlich Spaß, das neue Tuch dazu zu kombinieren, gehe automatisch ein bisschen aufrechter aus dem Haus, Selbstliebe-Pegel steigt.



Im Haus und beim Schreiben nerven mich Klunker am Handgelenk oder dicke Ringer am Finger, aber in der Öffentlichkeit sind sie einfach ein Statement. Deshalb habe ich ein Körbchen mit Armreifen und Ringen gleich neben den Schlüsselkorb an die Haustür gestellt. Handtasche schnappen, Autoschlüssel, Klunker und sich draußen besser fühlen, Selbstliebe-Pegel steigt.




Mich treibt der Hunger vom Schreibtisch in die Küche. Dort bin ich allein, weil die Kinder heute über Mittag in der Schule sind. Obwohl ich keine Lust habe, nur für mich zu kochen, schneide ich Gemüse und mache mir eine leckere Suppe, zum Beispiel diese hier. Ich setze mich mit Blick in den Garten an den Tisch und genieße jeden Löffel, Selbstliebe-Pegel steigt.


Nein, ich koche nicht mit Tulpen, aber die Gemüsesuppe war schon aufgegessen, deshalb musste ich euch diese unglaublichen Tulpen zeigen, die ich am Wochenende ins Beet gesetzt habe. 


Immer fröhlich sich auf würdevolle Art selber lieben

Eure

Uta