Dienstag, 18. März 2014

Glückliche Familie Nr. 206: Wäsche-Biathlon und Verlosung


Gestern Abend haben wir Socken-Memory gespielt. Für mich das Spiel des Jahres 2014.
Gleich nach dem Abendessen, bevor wieder alle in ihre Zimmer fliehen konnten und für Mutter schwer greifbar sind, habe ich die ganze Wanne mit gewaschenen Socken auf den großen Esszimmer-Tisch gekippt. "Auf die Plätze fertig los." Jeder musste aus dem großen blau-grau-schwarzen Berg seine Strümpfe finden, zusammenrollen und in den Korb mit Fertig-Wäsche pfeffern. Keine zehn Minuten haben wir gebraucht und alle Strümpfe waren sortiert.
Das nächste Mal werde ich die Körbe mit der Fertig-Wäsche in drei Meter Entfernung an die Wand stellen. Dann muss jeder von seinem Platz am Tisch mit den Socken-Knollen in die Körbe zielen. Für jede Knolle, die daneben landet, muss - als Strafrunde - ein Teller in die Spülmaschine geräumt werden.




Ich sehe schon, mit unserem Wäsche-Biathlon werden wir dem echten Biathlon den Rang ablaufen. Der Soßenkönig ist unschlagbar in Socken-Schießen, stehend. Und Prinzessin (13) holt jeden Rückstand in den Strafrunden an der Spülmaschine wieder rein. In ein paar Jahren sind wir olympisch.

Auf Socken-Memory und Wäsche-Biathlon bin ich gekommen, nachdem ich in "Leitfaden für faule Eltern" bei Tom Hodgkinson gelesen habe. Hodgkinson hat vor allem ein Ziel: er will das Leben genießen, das Leben überhaupt und vor allem das Leben mit seinen drei Kindern.

Um das erreichen - so Hodgkinson - müsse man die Kinderarbeit wieder einführen. Nicht die schlimme Ausbeutung in der Fabrik, sondern das gemeinsame Arbeiten zu Hause. Abwaschen und zusammen singen, schon die Kleinsten die Banane zum Schneiden geben und sie vieles einfach alleine machen lassen. So bleiben Hodgkinson und seine Frau zum Beispiel am Wochenende gerne bis mittags im Bett liegen. Das tut ihnen gut und der Nachwuchs erhält die Chance, selber Frühstück zu machen oder den Eltern einen furchtbaren Tee ans Bett zu bringen.

Kleine Kinder lieben Arbeit. Nichts tun sie lieber als Geschirr einzuschäumen, in Beeten zu wühlen oder mit dem schwarzen Kamin-Handfeger das weiße Sofa abzustauben. Aber wenn sie jung sind, ersticken wir diese Arbeitsfreude im Keim, sagen, dass sie noch zu klein sind und das alles noch nicht können. Wir nehmen ihnen den Hammer aus der Hand, scheuchen sie weg von der neuen Design-Saftpresse und schimpfen, wenn sie die Fenster mit dem Gartenschlauch abspritzen.
In unserem perfektionistischen Kitchen-Aid-Haushalt haben kleine Arbeits-Pioniere es schwer.

Aber wenn sie sich damit abgefunden haben, dass sie von all diesen Erwachsenen-Dingen lieber die Finger lassen, ändert sich plötzlich alles. Auf einmal meinen die Eltern, es sei höchste Zeit, dass sie ihren Hintern hochkriegen und im Haushalt mithelfen. "Ist ja schließlich kein Drei-Sterne-Hotel hier!" Und schon gibt es Gemecker und schlechte Stimmung bei jedem Tischabräumen, Streit um jeden Müllbeutel, der in die Tonne getragen werden soll.

Tom Hodgkinson und ich, wir finden das ganz furchtbar. So bringen wir unseren Kindern bei, dass Arbeit etwas Schreckliches ist.

Hodgkinson schreibt:
"... es liegt in Ihrer Verantwortung, auch selbst Spaß an Ihrer Arbeit zu haben, weil Ihre Kinder ansonsten mit der Vorstellung aufwachsen, dass Arbeit nichts anderes sei als eine notwendige Bürde. Die kleinen Ohren hören jeden winzigen Seufzer, der Ihnen entfleucht.  'Daddy hat eine Arbeit, die er hasst, damit er dir nutzloses Zeug kaufen kann, mit dem du deine Zeit vergeudest, bis der Tag kommt, an dem du selbst einer Arbeit nachgehen wirst, die du hasst, damit du die Rechnungen begleichen und die Hypothek abzahlen kannst.'"
Ich habe schon vor längerer Zeit über meinen Arbeits-Ethos nachgedacht und beschlossen, mehr Freude in alltägliche Verrichtungen zu bringen. Und vor allem diese Freude auch auf meine Kinder überspringen zu lassen.

Uta zu Kronprinz (16):

"Guck mal: so schlimm sieht diese Küche jetzt aus. Ich schaue es mir an, mache innerlich ein Foto und begebe mich voller Elan ans Werk. Nach 20 Minuten fröhlichen Arbeitens bin ich fertig, mache wieder innerlich ein Foto und freue mich über den Vorher-Nacher-Effekt. Und das alles war eigentlich ein richtiges Vergnügen. So musst du das auch mit deinem Zimmer machen."

Kronprinz zu Uta: "Ja, das mag sein. Aber wenn dir das Aufräumen eine solche Freude bereitet, dann möchte ich dir diese Freude nicht nehmen."
(Und jetzt bräuchten wir ein Vorher-Nachher-Foto von Utas Gesicht.)

Ja, es läuft nicht immer alles rund mit meinen Methoden und denen vom faulen Tom. Aber wir haben vergnügliche Diskussionen mit unserer Brut, werfen uns mit Socken ab, mal platzt uns auch der Kragen und wir möchten alles hinschmeißen, aber wir haben im Großen und Ganzen eine richtig gute Zeit mit unseren Kindern.

Dazu braucht man:

  • die Gelassenheit, auch schon die Kleinsten vieles selber machen zu lassen
  • die Zuversicht, dass schon alles gut gehen wird (unsere Kinder haben zeitig mit Messern und Scheren gearbeitet, wir waren deshalb nur einmal in der Klinik und konnten den Finger retten)
  • selber das Ziel, etwas mit Freude zu tun und aufzuhören, wenn die Freude aufhört (ich bügle nie sklavisch den ganzen Korb leer)
  • den Vorsatz, auch mal eine faule Mutter/ein fauler Vater zu sein und Dinge einfach unerledigt zu lassen, so dass die Brut gezwungen ist, es selber zu tun ("Könnt ihr bitte die Küche machen/ die Wäsche aufhängen, ich komme sonst zu spät zum Tanzen" und dann einfach verschwinden.)  
  • die Großzügigkeit, einen großen Teil der Arbeit zu machen und nicht zu zetern über jeden Teller, der irgendwo stehen geblieben ist
  • die Einsicht, dass gerade bei Mithilfe im Haushalt eine Durchsetzungsquote von - sagen wir - 80 Prozent schon viel ist
  • den Langmut, darauf zu warten, dass Eigeninitiative entsteht (geht nur, wenn man auch mal was liegen lässt) 
  • den Blick für diese Eigeninitiative und die Anerkennung dafür  
  • Spielideen rund um Arbeit (Socken-Memory, Wäsche-Biathlon, Wettrennen "Wer hat zuerst alle Legos in die Kiste geräumt?", "Wer schafft es, in 10 Minuten im Bett zu sein?" ...)
  • Humor

Der "Leitfaden für faule Eltern" hat mir soviel Schwung gegeben, dass ich etwas davon an euch weitergeben möchte und ein Exemplar des Buches verlose. Bitte schreibt mir, welche Arbeiten eure Kinder schon übernehmen, gerne auch lustige, kleine Geschichten von misslungener Haushaltshilfe oder eine Idee, wie gemeinsame Hausarbeit Spaß machen kann. 

Einsende-Schluss ist am kommenden Samstag, 22. März, um 24 Uhr.

Immer fröhlich das Leben und die Arbeit mit den Kindern genießen

Eure Uta