Mittwoch, 23. Oktober 2013

Glückliche Familie Nr. 177: Die Hausaufgaben-Falle


Gestern Abend war ich bei einem Vortrag über Hausaufgaben in unserer Schule. Die Aula war fast voll.

Hausaufgaben sind ein Hass-Thema für Eltern.

80 Prozent aller Eltern in Deutschland helfen bei den Hausaufgaben, sagt die Lern-Trainerin, die den Vortrag hielt.

80 Prozent von all dem Stress, den es in Familien gibt, hat mit Hausaufgaben zu tun, sagt Uta.

Hausaufgaben kommen in der Streit- und Stress-Statistik wahrscheinlich noch vor Aufräumen, Zähneputzen und Katzenklo saubermachen.

Die Lern-Trainerin machte deutlich, dass Eltern schnell in eine Hausaufgaben-Falle gerieten. Irgendwann fangen sie an zu helfen, helfen dann immer mehr (Papa hat sich ja auch so gut in das Thema eingearbeitet, Mama hatte schließlich auch mal Latein) und sitzen plötzlich in der Falle.

Trotz all der Hilfe wird es in der Schule auch nicht besser oder höchstens ein bisschen. Also hilft man noch mehr und streitet noch mehr ... eine Falle, wie gesagt.

Zuviel Hilfe ist also schädlich, aber sein Kind gar nicht zu unterstützen, kommt auch nicht in Frage.

Deshalb hier ein paar Ideen für einen gesunden Mittelweg:
  • dem Kind Hilfe anbieten, aber ihm nicht kontrollierend im Nacken sitzen
  • bei älteren Kindern Sprechzeiten vereinbaren: z.B. "wenn du Fragen hast, nehme ich mir von 18 bis 19 Uhr Zeit, sie mit dir durchzugehen"
  • die eigene Haltung überprüfen: Erlebt mich mein Kind als Mensch gewordenes Misstrauensvotum?
  • bei Grundschulkindern nach Mittagessen und Erholungspause (Toben, Trampolin, Fußball ...) Schulaufgabenzeit mit Ritual eröffnen (immer wenn der Wecker geklingelt hat, geht es los mit Hausaufgaben; immer wenn Mama mir einen Kakao kocht, hole ich meine Schulsachen heraus; immer wenn ...)
  • Anfangs- und Endpunkt der Schularbeiten festlegen und besprechen, was das Kind danach Schönes tun könnte
  • wenn das Kind sich schwer tut, mit der Arbeit zu beginnen, zusammen schätzen, wie viel Zeit es wohl benötigen wird und auf einem Timer einstellen; die meisten Kinder lieben diese Art von Wettbewerb, zumal sie meistens weniger Zeit brauchen werden als gedacht: "Mensch, nur 20 Minuten, dann mache ich das schnell."
  • nie auf dem Arbeitsplatz des Kindes sitzen, sondern neben ihm
  • nie in die Hefte des Kindes hineinschreiben oder etwas radieren; Hefte, Bücher und Ranzen sind Autonomie-Gebiet des Kindes
  • bei der Hausaufgabenhilfe nur reden, was die Aufgabe gerade verlangt. Die meisten Eltern reden viel zu viel und stören die Konzentration des Kindes: "Warum hast du nur stumpfe Bleistifte? Kannst du dich nicht mal gerade hinsetzen? Weißt du schon, wann ihr die nächste Arbeit schreibt? Bei dieser Unordnung hier könnte ich ja gar nicht lernen ..." Nicht machen! 


Schulaufgaben-Stilleben

Bei Prinzessin (12) läuft es gerade gut mit den Hausaufgaben. Das verdanken wir der neuen Freiheit. Es hat zwar ein paar Wochen gedauert, aber jetzt schafft sie es immer häufiger, sich ihre Arbeit selbst einzuteilen.
In den Noten schlägt sich das noch nicht nieder, aber als Person wirkt sie stärker als vorher.

Und ehrlich, das ist mir viel wichtiger als alles andere.

Immer fröhlich den Mittelweg bei der Hausaufgabenhilfe suchen

eure Uta.


PS: Da ich Gelassenheit und Humor in der Liste oben vergessen habe, kommt jetzt noch ein Witz hinterher, den ich in der Zeitung gelesen habe.
Zwei Zahnstocher laufen eine Straße entlang, als sie plötzlich ein Igel überholt. Sagt der eine Zahnstocher zum anderen: "Ich wusste gar nicht, dass hier ein Bus fährt."