Donnerstag, 5. September 2013

Glückliche Familie Nr. 166: Held des Tages


Kronprinz (fast 16) kam neulich mit einem Stempelaufdruck aus der Schule. "Held des Tages" stand auf seinem Handrücken. Seine Chemie-Lehrerin hatte ihn und ein paar Mitschüler ausgezeichnet, weil sie über ein Experiment im Unterricht eine ausgefallene Geschichte geschrieben hatten.

Kronprinz zeigte mir den Stempel mit verhohlenem Stolz. Und mich berührte, wie unter der Coolness die Freude durchschimmerte.

Auch einer seiner Kumpel, ebenfalls ein "Tagesheld", hatte zu Hause stolz von dem Titel berichtet. Das erfuhr ich von seinem Vater bei einem Gespräch auf dem Klassenfest.

15 sind sie, fast 16, überragen ihre Mütter und bald auch die Väter.

Tagsüber trinken sie Kaba und abends gelegentlich ein Pils.

Aufbrausend, aggressiv, abweisend können sie sein und dann so verletzlich, dass man sie auf den Schoß ziehen möchte.

Sie strotzen vor Kraft ... und vor Empfindsamkeit.

Kein Wunder, dass sie den Video-Spielen verfallen, wo sie nicht nur Abenteuer erleben, sondern auch den Rausch der Anerkennung.

"Nach jeder Rennstrecke, jedem vollendeten Level, jedem gelösten Rätsel bekommt der Spieler Applaus, Lob und digitale Leckerlis, egal, wie gut oder auch schlecht er die Herausforderungen gemeistert hat. 
Zugleich ... wird er zu Höherem angetrieben. Dabei heißt es übrigens nie: 'Das war nicht gut, du musst mehr üben!', sondern 'Das war super! Leg'noch eins drauf, da geht noch was!'" 

Das schreiben Tanja und Johnny Haeusler in "Netzgemüse" (S. 180), wo sie auch der Frage nachgehen, welche psychologischen Erkenntnisse Game-Entwickler nutzen, um Spieler in ihren Bann zu ziehen.

"Den Spieler anerkennen und wertschätzen" steht da ganz weit oben.

Warum peilen Eltern und Lehrer für Kinder nicht das nächste Level an?

Warum glauben wir nicht an sie, statt auf ihren Fehlern und Schwächen herumzureiten?

Wie nachhaltig ein wenig Wertschätzung sein kann, entdeckte ich, als ich Kronprinz neulich ein Päckchen Karteikarten in sein Zimmer legte. Vor Monaten hatte ich eine Besorgung für ihn mit dem Aufkleber versehen, den ihr auf dem Foto seht. Er muss ihn sorgfältig abgelöst und auf seine Schreibttisch-Unterlage geklebt haben. Das hat mich sehr gerührt.




Auch wenn das pubertierende Kind vielleicht gerade alle Stacheln ausgefahren hat, es immer fröhlich anerkennen und wertschätzen.

Uta