Sonntag, 30. Juni 2013

Glückliche Familie Nr. 153: Der weise Buchsbaum


Meine Schwester Nummer Zwei hat jetzt ihre Kinder groß. Das Jüngste von Dreien hat gerade Abitur gemacht. Herzlichen Glückwunsch Max!

Meine Schwester meinte so im Rückblick, dass man Kinder nicht zu sehr umsorgen dürfe. Egal, wie viel Schulaufgaben sie hätten, sie müssten lernen, ihren Beitrag im Haushalt zu leisten, müssten wissen, wie man aufräumt, die Waschmaschine bedient ... Und sie erzählte von einem Mädchen, das mit Bravour die Schule gemeistert hätte, aber im Studium wegen Lebensuntüchtigkeit zusammengebrochen sei und nun bei "Mäcces" (McDonald) an der Kasse arbeiten würde.

Kaum hatte ich das Telefon aufgelegt, stand ich auch schon neben dem Bett von Prinzessin (12). Dort liegt sie seit Tagen (wir haben Ferien) und liest einen "Top-Secret"-Band nach dem anderen.

"In einer halben Stunde hast du dein Zimmer aufgeräumt!" 

Ich gab den Feldwebel, zack-zack.

Sie gab die Top-Agentin, feuerte tödliche Blicke ab, zack-zack.

Ich schleppte mich in den Garten.

Wenn ich zu mir finden muss, schneide ich gerne die Buchskugel auf unserer Terrasse. Der Buchs steht stoisch im Nieselregen. Ich lege ihm einen Frisierumhang um den Topf und wir sprechen über die Kinder und das Leben.

"Ich kenne Familien, die sich darüber zerfleischen, wer den Müll rausbringt oder die Spülmaschine ausräumt."

Der Buchs schien leicht den Kopf zu schütteln.

"Ich kenne Familien, wo die Kinder nichts und Mutter alles macht. (Typ 'Märtyrer-Mama')."

Unverständnis bei Herrn Buchs.

"Ich kenne Familien, die Preislisten in die Küche hängen: 'Rasenmähen mit Kantenschneiden: 5 Euro, Rasenmähen ohne Kantenschneiden mit Kabelaufrollen: 3 Euro, Autoaussaugen: 3 Euro, Armaturen-Brett feucht abledern: 1 Euro ...'

Diesmal schien Buchs die blättrige Stirn zu runzeln.

"Und bei uns hat das alles auch schon stattgefunden: Streit, Märtyrertum, Belohnungslisten."




"Wissen Sie, alle suchen nach dem richtigen Weg in der Erziehung, alle suchen nach der Methode, die zum Erfolg führt, dabei geht es weniger darum, was wir machen, sondern wie wir es machen."

"Den Pony wie immer?" Ich schnitt und schnitt, kam so tief, dass die kleinen Äste zu dick für die Schere wurden.

"Wissen Sie, neulich hat mir eine andere Bloggerin* in einem Kommentar geschrieben 'Wenn die ganze Atmosphäre daheim entspannt und geladen mit Liebe ist, kann man alles sagen oder gar nichts. Kommt gar nicht so sehr darauf an. It's all about energy.'"

Ich fegte Buchs den Nacken aus. "All about energy", summte ich und schnitt noch ein paar vorwitzige Blättchen weg.

Buchs war wie immer meiner Meinung und ich hüpfte mit "new energy" die Treppe zu Prinzessins Zimmer hoch.

"Pass auf, neue Ansage!" rief ich. "Du brauchst heute nichts zu machen. Aber bis nächste Woche, wenn wir in Urlaub fahren, habt ihr beide, du und dein Bruder eure Zimmer tip top aufgeräumt." Prinzessin war einverstanden. "Und jetzt sage ich es noch dem Kronprinzen."

Später haben wir im Wohnzimmer getanzt, zusammen Erdbeeren geputzt und Hähnchenbruststreifen gebraten.

Immer fröhlich auf die richtige "energy" achten

Uta

* Joanna von Liebesbotschaft. Danke!