Mittwoch, 6. Februar 2013

Glückliche Familie Nr. 120: Mit Juul beim Friseur


"Hauptsächlich geht es darum, dass wir den Kindern von heute ... dabei helfen müssen, dass sie in sich selbst ruhen, dass sie ihre eigene Ruhe finden." 
Jes Bertelsen, Steen Hildebrandt, Helle Jensen, Michael Stubberup, Jesper Juul, Peter Hoeg: Miteinander. Wie Empathie Kinder stark macht, Weinheim und Basel 2012, S. 11, kursive Hervorhebung in der Vorlage.*

Beim Friseur gestern las ich diese Zeilen, als die Tönung auf mich einwirkte. Der schwarze Umhang hob und senkte sich in Bauchhöhe. So tief war plötzlich meine Atmung.

"Darum hilft man einem Kind nicht dabei, größeren inneren Halt zu entwickeln, indem man ihm immer nur etwas Neues beibringt. Man hilft ihm, indem man es darin unterstützt, dass es nicht verliert, was es doch von Beginn an mitgebracht hat."
ebd. S. 28*

Seite um Seite tauchte ich mehr ein in die Menschenfreundlichkeit von Juul und seinen dänischen Kollegen. Erst als ich mich hinterm Ohr kratzte und es dort kalt und feucht war von der "Color-Touch"-Farbe "deep brown", erwachte ich aus meiner Trance.

"Wollen wir mal?" fragte die Friseurin. Ihre schwarzen Gummihände zogen mir  schon die Brille aus dem Gesicht.

"Wollen wir was? Den Kindern helfen, zu ihrem inneren Wesenskern vorzudringen?" -

"Wollen Sie mir jetzt mal zum Waschbecken folgen?" - "Ach, ja."

Ich hatte den Elternabend überstanden (war gar nicht so schlimm, wir konnten die Wogen glätten) und saß nun mit einem meiner Lieblingsautoren (Jesper Juul), mit Schwarztee und Keks im Beauty-Tempel.

Es gibt so Bücher, die es schon im Vorwort schaffen, uns innerlich wieder zusammen zu fügen. So ein Buch ist "Miteinander". Und die letzte negative Energie von Eltern, die Rechtschreibfehler in Lehrerinnen-E-Mails für eine Bedrohung des Abendlandes halten, ließ ich mit der "Deep-brown"-Tönung in den Abfluss spülen.

In dem Buch bin ich erst auf Seite 45, aber das musste ich schnell mitteilen, ehe ich morgen auf ein mehrtägiges Seminar fahre. Es ist eine Einführung in das Programm "Lions-Quest", bei dem Lehrer lernen, die Klassengemeinschaft zu fördern und das Selbstvertrauen ihrer Schüler zu stärken. Mich hat das immer schon interessiert und ab morgen darf ich dabei sein (ich werde berichten).

Von meiner Frisur habe ich kein Bild, aber von unserem Kater Gulliver. Bei dem liegt immer ein Härchen auf dem anderen.





Bis zu meiner Rückkehr immer schön fröhlich bleiben

Uta


* Ich habe heute so akribisch die Quellen genannt, damit mir nicht in 30 Jahren meine Brigitte-Mom-Blog-Herzchen aberkannt werden, weil ich nicht korrekt zitiert habe.